Sonntag, 11. Dezember 2016

Waitākere Ranges Regional Park

Auckland, New Zealand - 12. Dezember '16, Ortszeit: 08:00

Am Samstagabend wollte ich mit einigen anderen eigentlich noch zu "Christmas in the Park", das nach unseren Infos in der Auckland Domain stattfinden sollte. Wir brechen also voller Tatendrang gegen halb zehn auf, aber da wir Schwierigkeiten haben, die Domain (das ist übrigens ein großer Park) zu finden, fragen wir nach dem Weg. Ein freundlicher junger Mann zeigt uns auch den Weg, aber als wir ihm erzählen, dass da ein Festival stattfinden soll, ist er recht verwirrt. Er habe nichts davon gehört, und normalerweise würde in der Domain, wegen der Nähe zum Krankenhaus, auch keine Festivals stattfinden. Eher im Albert Park, an dem wir vorhin vorbeigekommen sind, wo aber offensichtlich auch nichts los war.
Bevor wir uns also auf den Weg machen, auf dem nach Aussage des jungen Mannes um die Zeit viele Obdachlose herumhängen, googeln wir also lieber mal. Und siehe da: Da ist tatsächlich ein von Coca Cola ausgerichtetes Weihnachtsfestival in der Domain - von 18 bis 22 Uhr. Es ist 21:45. Aber es soll ein Feuerwerk geben. Da wir von hier aus eine recht gute Sicht auf den (erstaundlich dunklen) Park haben, beschließen wir, es uns einfach aus er Ferne anzusehen.
Es wird zehn... es wird fünf nach zehn... wir kommen zu dem Schluss, dass es vermutlich nicht mehr stattfindet, dass unsere Infos wohl falsch waren, und machen uns auf den Weg zurück zum Hostel.
Wir sind ja so schrecklich deutsch.
Kaum zurück auf unseren Zimmern, hören wir auf einmal ein Knallen... das Feuerwerk hat begonnen. Wir sehen unscharfe Spiegelungen in den Fenstern des Gebäudes gegenüber. Aber das Feuerwerk selbst natürlich nicht. Im Nachhinein waren wir wohl ganz schön dämlich. Deshalb beschließen wir, einfach so zu tun, als hätten wir das Feuerwerk gesehen.

(Hier Feuerwerk einfügen)


Jetzt aber zum eigentlichen Thema. Gestern werden Antonia, Paula und ich schon recht früh (viertel vor acht) abgeholt, um auf eine "Surf The Elements Waitākere Ranges Tour" zu gehen. Wir haben alle drei keinen Schimmer, was uns erwartet.
Jason, der Fahrer des Kleinbusses, ist ein Kiwi Ende dreißig, ganz klassisch mit Shorts, Basecap und Jandals. Jandals, das erklärt er uns später, ist zusammengesetzt aus "Japanese Sandals" - wir nennen sie Flip-Flops, aber ganz ehrlich: Jandals finde ich ja mal viel cooler.
Wir holen noch vier andere Leute ab, dann geht es los, hinauf in die Waitakēre Ranges. Dazu müssen wir aber erst einmal  durch, wie es mir vorkommt, halb Auckland kurven, einmal komplett um den Waitematā Harbour, was aber nicht so schlimm ist, weil die Außenbezirke von Auckland mit ihren kleinen Häusern und vielem grün sehr nett anzusehen sind. Unterwegs erzählt Jason uns so einiges über die Geschichte von Auckland und Aotearoa (Neuseeland in der Maori-Sprache) im Allgemeinen, aber auch Storys über die Sehenswürdigkeiten und Bezirke, an denen wir vorbei kommen. Jason selbst ist zwar nicht in NZ geboren, aber in Auckland aufgewachsen und benimmt sich und spricht wie ein waschechter Kiwi. Man merkt ihm seine Begeisterung für sein Land an.

Arataki Visitor Centre


Nach und nach nehmen die Gebäude ab und die Bäume zu. Über eine sehr kurvige, zweispurige Straße erreichen wir schließlich den ersten Stop: das Arataki Visitor Centre, der erste Anlaufpunkt für jeden Ausflug in die Waitākere Ranges Regional Park. Wir haben hier eine halbe Stunde Aufenthalt, deshalb klinke ich mich aus und steige einen kurzen Pfad hoch zu einer Aussichtsplattform über dem Visitor Centre. Von hier aus hat man eine fantastische Sicht über die Waitākere Ranges.

Ich habe mir gerade einen kleinen Film im Visitor Centre angesehen und trete wieder nach draußen - da regnet es plötzlich. Bis vor fünf Minuten herrschte noch strahlender Sonnenschein und genau genommen tut es das immer noch. Und ein paar Momente später ist der Schauer auch schon wieder vorbei.
Das ist Neuseeland. Hier kann das Wetter innerhalb von Minuten umschlagen. "Four Seasons a day", wie die Kiwis sagen.
Nach der halben Stunde geht es weiter über eine verdammt kurvige, schmale Straße. Jason fährt diese Strecke vermutlich fast täglich, deshalb mache ich mir da wenig Sorgen, aber recht rasant ist er schon unterwegs. Einmal steht ein Auto in einem Graben am Straßenrand, Jason sagt, dass es da schon seit Tagen steht. Es kommt wohl alle paar Monate mal vor, dass jemand dort oben einen Wagen "entsorgt", wenn der zum Beispiel für ein Verbrechen benutzt wurde. Klar - kurvige, unübersichtliche Straßen, auf denen wahrscheinlich gerade nachts nicht viel los ist und genug Wege, um zu verschwinden.

Karekare Falls
Als wir auf eine andere, noch schmalere, einspurige Straße abbiegen, hängt auf einmal ein dicker Stamm quer über die Straße, wie eine natürliche Brücke. Der Van passt eben so darunter durch. Ich wette, in Deutschland hätten sie sowas längst abgeschnitten, aber dazu ist es viel zu schade.


Wir halten am Straßenrand und müssen ein paar Meter einen schmalen Trampelpfad entlang, um den Wasserfall zu erreichen, den Jason uns zeigen will. Das heißt, eigentlich erreichen wir zuerst einen kleineren Wasserfall, mitten im Wald. Jason zeigt uns einen bestimmten Strauch, dessen Blätter man essen kann. Sie schmecken leicht nach Basilikum und sind wohl sehr gut gegen bakterielle Infektionen. Ich bin zwar nicht krank, esse aber trotzdem eines. Schaden wird es ja nicht.

Hm, lecker.

Es geht weiter zum eigentlichen Wasserfall. Wohl zehn Meter stürzt das Wasser in einen kleinen Teich am Fuß einer Schlucht. Es ist ein wunderschöner Ort. Jason erzählt uns, dass er als Jugendlicher oft hierher gekommen ist, um zu schwimmen und abzuhängen. Abends scheint die Sonne für eine Weile direkt in die Schlucht.

Nach den Karekare Falls legen wir noch einen kurzen Zwischenstopp an einem Aussichtspunkt ein, von wo man einen wunderbaren Blick auf unser nächstes Ziel hat: Piha mit seinem schwarzen Strand und dem beeindruckenden Lion's Rock, der mit ein bisschen Fantasie tatsächlich wie ein sitzender Löwe aussieht, der majestätisch auf die Tasmanische See hinausblickt. Ein wenig wie die Sphinx.


Piha & Lion's Rock
Piha ist ein kleiner Küstenort, der sich hauptsächlich auf die umliegenden Berge erstreckt. Die Häuser sehen aus, als wären sie einfach so zwischen die Bäume gesetzt worden, Zufahrtswege sieht man größtenteils nicht. Der Ort besitzt zwei Surfschulen, die beiden Strände, Piha und North Piha, die vom Lion's Rock getrennt werden, werden sogar teilweise beaufsichtigt, was hier gar nicht so selbstverständlich ist.
Der Sand der Strände ist schwarz; das kommt von vulkanischen Aktivitäten in der Gegend. Aber sie können sich locker mit den schneeweißen Stränden beispielsweise der Mittelmeerküsten messen.
Dahinter erstreckt sich, türkisblau glänzend, die Tasmanische See. Wir sind immer noch im Bereich von Auckland, doch zwischen dem Stadtzentrum und hier scheinen Welten zu liegen. Zur Orientierung: Das Stadtzentrum liegt im Osten, am Hauraki Gulf, der in den Pazifik mündet.
Jason setzt Antonia, Paula und mich hier ab. Wir haben jetzt drei Stunden Zeit, uns umzusehen. Ich habe schon im Wagen auf der Karte, die er uns gegeben hat, festgestellt, dass es einen Aussichtstrack auf den Lion's Rock gibt - da muss ich natürlich hoch. Den anderen beiden ist es zu steil, also mache ich mich allein an den Aufstieg. Der ist eigentlich ziemlich einfach, weil er größtenteils über Treppen geht, aber ich bin trotzdem froh, dass ich in weiser Vorraussicht meine Wanderboots angezogen habe.
Die Spitze des Felsens ist wegen Steinschlaggefahr zwar unzugänglich, aber auch dort, wo man hinkommt, ist die Aussicht der Wahnsinn. Ich bleibe einen Moment oben und geniße die Aussicht.

Ein weiterer Unterschied zu Deutschland, der mir auch schon auf Mount Eden aufgefallen ist: Bei uns wären hier überall Zäune und Geländer, damit auch bloß niemand abstürzen kann. Geländer gibt es hier nur zu dem Zweck, zu dem sie eigentlich mal erfunden wurden: Als Kletterhilfe. Alles weitere würde nur die Wildheit und Schönheit der Natur hier zerstören, und deshalb finde ich diese Tatsache sehr angenehm.
Unten treffe ich wieder auf Paula und Antonia (vielleicht sollte ich sie Pantonia nennen; sie sind ohnehin die ganze Zeit zusammen), die sich ein sonniges Plätzchen gesucht haben. Ich setze mich einen Moment dazu, aber um untätig herumzusitzen, gibt es hier eigentlich zu viel zu sehen, deshalb beschließe ich, auch noch den Tasman Lookout Track hinaufzusteigen, den Jason uns empfohlen hat. Er führt auf eine Klippe hinauf und verläuft dann ein Stück weit südlich. Was soll ich sagen - die Sicht ist, wie gewohnt, fantastisch. Es gibt zwei Aussichtsplattformen; die erste bietet einen schönen Blick über Piha und den Lion's Rock, die zweite über Taitomo Island, ein Felsen von der Größe von Lion's Rock, und das, was auf der Karte als "The Gap" bezeichnet wird. Es ist Ebbe, deshalb liegt zwischen Taitomo und dem Festland ein Streifen Strand. Der Strand endet an einer Schmalstelle zwischen Taitomo und einer Klippe. Hier schlagen die Wellen der Tasmanischen See mit voller Wucht gegen die Klippen und über die Felsen im Gap. Eine wahnsinnige Kraft.

Am Strand entlang geht es zurück nach Piha wo ich die beiden anderen wieder treffe. Die drei Stunden sind fast vorbei, deshalb machen wir uns zu dritt auf den Weg zum Piha Store, einem kleinen Gemischtwarenladen, wo Jason uns wieder abholen wollte.
Bevor wir Piha verlassen, zeigt Jason uns noch seinen Lieblings-Pohutukawa-Baum. Das ist ein Baum mit wunderschönen roten Blüten, der um diese Jahreszeit blüht - er ist also sowas wie der Weihnachtsbaum der Kiwis.

Real Fruit Ice Cream
Darauf freut Jason sich schon von Anfang an. Wir fahren zu einem kleinen Laden, der frisches Obst und Gemüse verkauft. Sie machen aus dem Obst wohl so etwas wie Smoothies, die sie dann einfrieren und mit Vanilleeis mischen. Wirklich sehr lecker.
Das ist auch schon der letzte Stop, nach dem es durchs Waitākere Farm Land zurück in die Stadt geht, wo Jason uns wieder beim Hostel absetzt. Es ist zwar nicht ganz das, was wir erwartet hatten, aber zumindest ich habe diesen Ausflug sehr genossen. Die Sonne hat den ganzen Tag geschienen, und ich habe mich wohl auch mit Sonnenmilch eingeschmiert - aber jetzt habe ich einen Sonnenbrand auf dem Scheitel, weil ich Dummkopf vergessen hatte, meine Mütze aufzusetzen. Das geht hier wirklich schnell.
Nach diesem recht anstrengenden Tag bin ich so müde, dass ich schon um acht ins Bett falle und diesmal sogar nachts nur zweimal aufwache. Obwohl ich mit fünf fremden Kerlen in einem Zimmer schlafen darf, yeah.

Ich habe die Worte "wahnsinnig", "wunderschön" und "atemberaubend" in den letzten Tagen wohl etwas übertrapaziert, deshalb werde ich heute mal eine ruhige Kugel schieben. Bewerbungen schreiben, vielleicht ein Museumsbesuch, mal sehen. 

Grüße aus Piha!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen