Mittwoch, 28. Dezember 2016

Cape Reinga Tour

Paihia, New Zealand - Di 27. Dezember '16

Heute geht es endlich zum Cape Reinga, NZs nördlichstem Punkt. Die Tour ist in meinem Stray-Everywhere-Pass mit inbegriffen, auch wenn sie von einem anderen Tourismusunternehmen durchgeführt wird - die Stray-Busse wären dafür nicht geeignet. Warum? Werdet ihr sehen.
Zu der Tour gehört noch weit mehr als nur das Kap. Insgesamt sieben Stops legen wir ein.
Los geht es um viertel nach sieben direkt vor dem Base Hostel, wo ich die zwei Nächte in Paihia verbringe. Unser Fahrer ist Dice (auch hier wieder keine Ahnung, wie man den Namen richtig schreibt) und wir fahren mit dem Awesome-Bus - denn, wie er sagt: Er ist awesome, wir sind awesome, die Tour ist awesome. Nein, im Ernst, in der Frontscheibe steht ein Schild, auf dem "Awesome" geschrieben steht. Daran sollen wir uns orientieren, damit wir in den richtigen Bus steigen, denn es sind heute noch drei oder vier andere Busse von Fullers Great Sights unterwegs, die alle ganz genauso wie unser Bus aussehen. Der im übrigen nicht einmal ein richtiger Bus ist, sondern ein umgebauter schwedischer Truck, damit er Offroad-Tauglich ist. Das muss er nämlich sein für unsere Tour.

Stop 1: Puketi Forest
Durch Kerikeri, den nächsten Ort ("keri keri" heißt "graben graben", weil die Maori es scheinbar amüsant fanden, wie die europäischen Goldsucher wie die Verrückten gebuddelt haben) und vorbei an ein paar Orten mit ähnlich komischen Namen (Waipapa - Wet Land/Nasses Land) geht es etwa eine Stunde, bevor wir unser erstes Ziel erreichen: Das Manginangina Scenic Reserve mit dem Puteki Forest - ein weiterer Kauriwald. Nicht so wahnsinnig spannend für mich, da es ja nicht mein erster ist, aber ganz cool. Von diesen Bäumen ist aber keiner älter als 500 - die sind im Vergleich zu den richtig alten Exemplaren also noch ziemlich "jung".


Über die für Neuseeland typischen, kurvigen Gravel Roads (Schotterstraßen) geht es weiter. Durch Kaeo, den ersten Ort, an dem Maoris und europäische Siedler zusammen lebten (wenn das auch nicht lange gut ging - aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollten sich die Maori von den christlichen Missionaren nicht sagen lassen, was sie zu tun und zu lassen haben); vorbei an Whangaroa (Langer Hafen), Waituruki (Ende des Flusses) und Cable Bay, wo das erste Übersee-Telefonkabel zwischen Australien und Neuseeland begann.

Stop 2: Taipa
Taipa heißt "First Touch", also "Erste Berührung". Dice bezeichnet es als "Most historic place" von Neuseeland, denn hier gingen die ersten Maori, angeführt von Kupe, an Land, und damit offiziell die ersten Menschen in der Geschichte des Landes.
(Offiziell, weil Sally Kidd mir eine sehr interessante Geschichte über Norweger und Chinesen erzählt hat, die wohl noch früher hier waren, doch dafür müsste ich jetzt zu weit ausholen.)
In Taipa legen wir unseren "Morning Tea Stop" ein, wobei das für mich eher ein (dringend notwendiger) Kaffee-Stop ist.
Wir fahren durch Kalifornien - natürlich nicht das echte, sondern Kareponia, was die Maori-Aussprache von California ist. Nach dem verheerenden Erdbeben in San Francisco kamen viele Amerikaner her, um Kauriholz für den Wiederaufbau zu beschaffen; manche blieben.
Awanui, das heißt "Großer Fluss", liegt an einem vielleicht drei Meter breiten Flüsschen - groß jedoch war seine Bedeutung, da es einen Zugang zum Pazifik besaß.

Stop 3: Sandboarding
Gegen 11:15 erreichen wir die Giant Te Paki Sand Dunes, wo wir zum spaßigsten Teil des Trips kommen. Der Bus verlässt plötzlich die Straße und folgt einem flachen Bachbett - hier stellt er seine Offroad-Tauglichkeit erstmals und eindeutig zur Schau.
Im Vorfeld erzählt Dice uns die ein oder andere Horrorstory über Brüche mit hervorstehenden Knochen, epileptische Anfälle und was-weiß-ich. Ich habe so das Gefühl, dass er ein wenig übertreibt.
Wichtig sind beim Sandboarding eigentlich nur zwei Regeln: Nicht das Board loslassen und am Fuß der Düne schnell aus dem Weg gehen. Dann sollte einem (eigentlich) nichts passieren.


Sandboarding ist recht simpel und super lustig: Man klettert eine dieser Dünen hinauf, die wie zufällig in die Landschaft gesetzt scheinen, legt sich auf eine Art Surfboard (diese viel zu kurze, leichte Art, die man auch an europäischen Stränden überall bekommt) und rutscht darauf die Düne herunter, durch den Te Paki Stream, der an keiner Stelle tiefer als zehn Zentimeter ist.
Super spaßig, aber es ist verdammt anstrengend, die Düne mit ihrem unter den Füßen wegrutschendem Sand hochzuklettern. Deshalb mache ich es auch nur dreimal, anstatt 100x, wie ich gerne würde. Damit nehme ich die Anstrengung aber immer noch öfter als die meisten anderen auf mich, die nur einmal oder manche sogar gar nicht rutschen - für mich völlig unverständlich. Klar, man wird etwas schmutzig, aber das macht die ganze Sache nur noch lustiger - und den Bus ganz schön sandig.

Am Ende lobt Dice uns dafür, was für ein super Team wir sind, denn es gab keine Verletzten und keine Todesfälle.
Ich glaube übrigens, ohne angeben zu wollen, dass ich von allen am weitesten gerutscht bin und damit gewonnen habe, aber da das niemand überprüft, kann ich es nicht mit Sicherheit sagen. Ist mir auch egal - es war einfach super cool.
Viel zu schnell geht es schon weiter - zur Hauptattraktion der Tour.

Stop 4: Cape Reinga
Gegen fünf nach zwölf passieren wir das laut Dice nördlichste Haus Neuseelands. Die einzigen Spuren menschlicher Zivilisation sind jetzt noch die Straße, die sich zwischen den Hügeln hindurchschlängelt, und vereinzelte Kühe und Schafe. Der Farmbetrieb soll hier aber komplett eingestellt werden, damit das Land sich regenerieren kann. Eine Viertelstunde geht es durch diese verlassene Landschaft, bevor wir das Kap erreichen.
Reinga heißt Himmel, und zwar nicht der sichtbare Himmel (das wäre sky), sondern der spirituelle (also heaven). Die Kiwis sprechen es "Ri-änga" aus, auch wenn es richtig "Rainga" sein müsste (wie in Rhein). Für die Maori ist dies der heiligste Ort in ganz Neuseeland, weshalb es auch verboten ist, hier zu essen oder zu trinken. Denn über den Te Ara Wairua (Spiritual pathway) wandern hierher die Seelen der Verstorbenen um am Te Rerenga Wairua (Where the spirits depart), wo der Leuchtturm steht, die Reise zur spirituellen Heimat der Polynesier, der Vorfahren der Maori, anzutreten. Zumindest die guten Seelen tuen das - die schlechten fallen ins Meer. Scheint so eine Karma-Sache zu sein.
Runter zum berühmten Leuchtturm zu laufen, dem Subjekt so vieler Postkarten, dauert noch einmal etwa eine Viertelstunde. Mir sind hier allerdings zu viele Touristen unterwegs - obwohl ich ja selbst zu ihnen gehöre. Trotzdem. Es ist irgendwie paradox, dass über diesen so heiligen Boden täglich mehrere tausend Leute trampeln.
Ein weitaus spannenderer Anblick ist die Stelle, an der die Tasman Sea zur linken und der Pazifik zur rechten aufeinander treffen - man kann diese Stelle tatsächlich sehen, bedingt durch verschiedene Wasserfärbungen und Strömungen.

Und weil das Wetter heute wieder fantastisch ist, kann man sogar die Three Kings Islands sehen, die Neuseelands Entdecker Abel Tasman nach den Heiligen drei Königen benannt hat, aus dem einfachen Grund, dass er sie am 6. Januar entdeckt hat. (Interessanter Fakt: Der holländische Seefahrer hat Neuseeland nie betreten, der erste Europäer, der das getan hat, war der Engländer James Cook.)


Wir bleiben nur eine Stunde am Kap, was aber genug ist - wie gesagt, zu viele Leute.

Stop 5: Ninety Mile Beach
Das nächste Highlight der Tour ist der 90 Mile Beach an der Westküste. Wir erreichen ihn durch abgeholzte Nadelwälder, in denen wir kurz sogar Wildpferde zu Gesicht bekommen - natürlich keine "Ureinwohner" der Insel, sondern Abkömmlinge europäischer Tiere.
Der 90 Mile Beach ist - wow, ein Strand. Aber gleichzeitig auch ein Highway mit einem Tempolimit von 100 km/h. Er ist gewissermaßen der älteste Highway der Welt, denn es gab ihn vermutlich schon vor der Erfindung des Rades. Außerdem die erste internationale Landebahn Neuseelands, da hier die erste Maschine von Australien aus landete. Ein sehr einzigartiger Strand also. Es gibt wohl nicht viele Highways, auf denen man gleichzeitig auch nach Muscheln buddeln, spazieren gehen und Sandburgen bauen kann. (Schwimmen ist allerdings, wie an den meisten Orten der Westküste, zu gefährlich.)
Wir halten für ein paar Minuten, um uns den Strand anzusehen und, wenn wir wollen, Dice bei der Suche nach Shellfish zu helfen, die man im flachen Wasser ausbuddeln kann. Er sammelt hier oft welche, um sie ein paar alten Leuten mitzubringen - was ein Samariter.

Der Strand erinnert mich vom Aussehen wegen seiner Länge und der Dünen ein wenig an die holländische Nordseeküste.
Er ist übrigens keine 90 Meilen lang, sondern nur etwa 60 (das sind circa 100 km). Hier an der Küste war früher mal alles Kauriwald. Die Europäer schlugen die Bäume und ließen sie von Ochsen den Strand hinaufziehen. Ein Ochse läuft 30 Meilen am Tag, bei drei notwenigen Tagen ergibt das logischerweise 90 Meilen Weglänge. Blöd nur, wenn man bei der Rechnung den sandigen Untergrund außer Acht lässt, auf dem es sich wesentlich langsamer läuft.

Dann geht es weiter, unser umgebauter schwedischer Awesome-Truck brettert den ungewöhnlichen Highway entlang zu unserem nächsten Ziel.

Stop 6: Ancient Kauri Kingdom
Klingt ziemlich beeindruckend, ist aber letztendlich nur ein überteuerter Souveniershop in Waimanoni mitsamt überteuertem Café. Wir halten hier auch eigentlich nur, damit Dice schnell umsonst den Bus sauber machen kann. Andere Busse halten hier laut Dice länger, doch er hält noch etwas besseres für uns bereit.

Stop 7: Mangonui Fish Shop & Takeaway
Ein Imbiss, der sich selbst als "World Famous Fish and Chips Shop" bezeichnet und angeblich im Lonely Planet erwähnt wird, auch wenn ich ihn dort nicht finden kann.
Der Fisch ist aber sehr frisch und schmeckt ganz gut und man kann auf der überdachten Terasse mit Blick auf die Marina essen.
Weil wir 50 Leute im Bus sind, können wir glücklicherweise bei Dice Fish&Chips vorbestellen, um uns und den Mitarbeitern des Shops eine Menge Stress zu ersparen. Fünf Uhr ist fürs Abendessen zwar eigentlich zu früh, aber hungrig bin ich trotzdem, also kann ich damit leben.
Und das ist dann auch schon der letzte Stop auf der Cape Reinga Tour. Mein persönliches Highlight war definitiv das Sandboarding.

Special Stop: Haruru Falls & Mangrove Walk
Gegen sechs erreichen wir wieder Paihia. Dice ist so nett und legt für das "Special Girl" einen kurzen Stop bei den Haruru Falls ein - das Special Girl bin natürlich ich. Ich wollte mir die Falls nämlich gerne noch ansehen, und da ich morgen keine Zeit mehr dazu habe, ist jetzt die perfekte Zeitpunkt, zumal der Bus ohnehin quasi daran vorbei fährt.

Von den Falls selbst bin ich ehrlich gesagt enttäuscht - im Vergleich zu den Karekare oder Whangarei Falls ist das hier nicht mehr als eine kleine Stromschnelle. Doch der Weg am Waitangi River entlang ist die Mühe wert. 5 Kilometer durch Busch und durch einen schönen Mangrovenwald, teilweise über eine lange Holzbrücke, die mich zwischen den Mangroven hindurchführt.

Auch wenn ich den ganzen Tag in Jandals rumgelaufen bin (habe seit gestern endlich vernünftige!), war es also letztendlich gut, dass ich meine Boots auch dabei hatte. Nach dem langen Tag im vollgestopften Bus tut diese Stunde Bewegung, fast ohne auf andere Menschen zu treffen, nämlich sehr gut.
Entsprechend müde bin ich aber auch, als ich abends das Hostel erreiche. Da aber zufällig irgendjemand den ersten Herr-der-Ringe Teil in der Fernsehecke angemacht hat, sehe ich mir den natürlich noch an - immerhin bin ich hier in Neuseeland!

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Übrigens, wenn ihr irgendetwas nicht versteht, wenn irh Fragen zu etwas habt oder einfach findet, dass das, was ich so schreibe, keine Bohne interessiert, dann seid ihr gerne eingeladen, mich das durch Kommentare wissen zu lassen. Ich bin für Anregungen und Kritik immer offen. (Na gut, meistens.)
Wenn ich keine Kommentare bekomme, dann gehe ich einfach mal davon aus, dass kein Schwein diese langen Posts bis zum Ende durchließt ;) ;D

Alrightey, das war's von mir. Ich hatte diesen Post übrigens gestern im Bus schon fast fertig, aber dann hat Blogger beschlossen, dass es ihn nicht mehr öffnen will... deshalb durfte ich nochmal von vorne anfangen. Yippie.


Unser Awesome-Bus

2 Kommentare:

  1. Liebe Johanna, du scheibst hervorragend und ich lese sehr gerne deine Berichte. Ganz besonders toll finde ich, dass du Bilder zu den Berichten anfügst. Mach bitte so weiter.
    Ich wünsche dir eine tolle Zeit, ein gutes und tolles 2017, und uns noch ganz viele tolle Berichte von dir.
    Schöne Grüße aus Langenfeld. Dirk Korthauer

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  2. Hi Dirk,
    Ist mein Aufruf doch nicht ungehört verhallt ;)
    Danke für deinen lieben Kommentar, ein gutes neues Jahr auch dir und deiner Familie :)
    Liebe Grüße aus Raglan,
    Johanna

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